Hirschbrunft Ersatzprogramm
Ja, die Geschichte von der Hirschbrunft war alljährlich ein Fixpunkt in diesem Forum. Und weil man halt ab und zu auch noch was anderes zu tun hat war ich bei diesem faszinierenden Naturschauspiel heuer nur etwa 2 Seidl-Längen dabei. Sogar für mich zu kurz um das ganze Spektakel auf Beitragsgröße aufzublasen.
Aber wo ein Wille da ein Weg! Bei meinen Nachbarn im Hotel Auhof findet gerade eine Wildbretwoche (geht noch bis 27. Oktober 2013) mit fantastischen Gerichten aus dem heimischen Wald statt. Erzähle ich halt aus dieser Perspektive. Unter Zufuhr von Wein oder anderem Hochprozentigen wären übrigens durchaus ähnliche Ergebnisse wie bei Hirschbrunft in freier Natur, etwa mit grölenden Lautäußerungen, problemlos erreichbar. Mei, bequem wer ma halt auf’s Alter (tausche Wald gegen warme Stube).
Ich war ja immer schon der Ansicht, dass sich das Wild in der Pfanne fast genauso gut macht wie draußen in freier Natur. Aber unter der Voraussetzung, dass die Jägerschaft verantwortungsvoll handelt und nicht die ganze Gegend leerschießt, sondern nur einen kleinen Teil abschöpft. Und das tut sie bei uns auch so.
Norbert und Claudia, das sind die Chefleute vom Auhof, sind bekannt dafür, dass ihre Wildgerichte fast ausschließlichen Ursprungs von hier sind. Teilweise sogar vom Chef selbst gepflückt. Also im Großarltal gewachsen und im Großarltal geerntet. Klimaverträglichkeit pur. Bio sowieso.
Aber nun bitte zu Tisch, liebe Bergbahnenkollegen. Ähnlich wie bei der Hirschbrunftbeobachtung nimmt auch die jagdliche Unterhaltung beim Wildessen üblicherweise eine gewichtige Rolle ein. Sogar mit etwas gesteigertem Unterhaltungswert, weil am Essen im Regelfall mehr Nichtjäger teilnehmen als beim Hirschlosen. Bereits beim Lesen der Speisekarte tun sich wichtige Fragen auf. Kollege Josef malt sich gerade aus, inwieweit ihn „Wachtelbrust“ sättigen kann. Wenn er den ohnehin schon etwas kleingeratenen Vogel proportional auf Brustgröße herunterrechnet, bleibt unter Umständen nicht mehr genug übrig um es unter den Beilagen zu finden. Maria wiederum kann eben wegen ihrer Phantasie „Hirschnuss“ nicht mit Sicherheit deuten. Ich erwählte dieses Gericht folgedessen als Beitrag zur Aufklärung zu meiner Hauptspeise: kulinarisch äußerst gelungen und keinerlei Gemeinsamkeit mit einem etwaigen der Fortpflanzungsfähigkeit des Hirschen zuzurechnenden Körperteils. Kollege Alois wiederum brütet darüber, was wohl ein „Überläufer“ sei – ehe er die Lösung selbst mit „eine Wildsau die über Grenzen geht“ parat hat. Antwort kann man grad noch gelten lassen – ein Überläufer ist ein rund 1jähriges Wildschwein und besonders zart in seiner Konsistenz, urteilt der Gaumen. Kollegin Silvia hingegen isst kaum Fleisch mehr, seit sie in der Kindheit eine mit Brunftaura behaftete Gams aufgetischt bekam. Das alarmiert mich, sie ist damit in bester Manier unterwegs, meinem Essen das Essen wegzuessen (Umschreibung eines Vegetariers). Lösen lässt sich das bei einer Wildwoche mit Bestellung eines reinen Beilagentellers und der Empfehlung einer therapeutischen Aufarbeitung des gegenständlichen Gams-Brunft-Essen-Traumas. Außer mir war kein Jäger am Tisch, aber das Interesse an der Jagd schien durchaus auch bei den anderen geweckt. Insbesondere Maria konnte das nicht mehr verbergen, in dem sie ihre Frage „ob es bei uns Steinböcke gibt“ durch gleichzeitiges Zeigen auf das in der Ecke montierte Haupt (Kopf) des Mufflons verdeutlichte. Antwort übrigens: Steinböcke gibt es bei uns im Großarltal nicht, Mufflons und Wildschweine auch nicht.
So weit die berichtenswertesten Facetten aus dem jagdlichen Tischgespräch. Kulinarisch waren die Wildgerichte unter der Leitung von Küchenchef Christoph perfekt. Elisa kümmerte sich um das entsprechende Service. Statt „Weidmannsheil“ liegt ihr aber der durchaus vergleichbare Gruß „Hallöchen“ besser auf der Zunge. Und Chefin Claudia kreierte zu Josef’s Überraschung direkt am Tisch „Wildsulze in ausgedehntem Rotwein“ – meine Empfehlung: sollten Sie unbedingt auch probieren. Mahlzeit!
PS (als Dessert noch ein kleiner Jägerwitz):
Wissen Sie eigentlich, warum Jäger ihre Söhne gerne auf‘s Gymnasium schicken?
Die wollen doch auch Jäger werden und da sollen sie schon einmal Latein lernen.
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