„Postraub“ in Großarl
Gestern war ein historischer Tag, den die meisten von uns wohl mit etwas Wehmut in Erinnerung behalten werden. Nach 161 arbeitsreichen Jahren hat das Postamt in Großarl für immer seine Pforten zugesperrt.
Tausende Pakete und Millionen von Briefen haben von hier die Reise in die Welt hinaus angetreten oder wurden über „unser“ Postamt zugestellt. Vielen mag das unwichtig erscheinen und in Zeiten von Internet und E-Mail ist das wohl der Lauf der Zeit?! Dass es hier um Menschen, um deren Arbeitsplätze, ja um die Versorgung eines ganzen Tales mit Dienstleistung geht, um das Einhalten kurzer Verkehrswege und guter Erreichbarkeit, wird offensichtlich übersehen. Und dass es sich beim Postamt Großarl keinesfalls um eine kleine Filiale handelt, macht wohl deutlich, wenn man sich die Wirtschaftsdaten des Großarltales und dessen Betriebe ansieht. Alleine wir im Tourismusverband haben ein Volumen an Postporto von 35.000 – 40.000 Euro pro Jahr über das Postamt Großarl abgewickelt.
Das ist wohl beispielgebend für unsere schnelllebige, anonymisierte Zeit. Aber ist es eigentlich nicht erschreckend, wie ein zentralistisch organisiertes Unternehmen sich einfach aus der Verantwortung zieht und wichtige Infrastrukturen und Arbeitsplätze einfach wegrationalisiert. Bis zu 11 Personen (inkl. der Briefträger) haben im Postamt Großarl seinerzeit Dienst versehen. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Schließung ist wohl aus vielerlei Gründen zu hinterfragen. Ist früher ein einziges Fahrzeug mit der gesamten Post ins Tal gefahren und hat die Post ins Postamt gebracht, so müssen heute 5 Briefträger in aller Frühe extra aus dem Tal hinausfahren, die Post in St. Johann/Pg. einzeln abholen, um sie anschließend in Großarl und Hüttschlag zuzustellen. Wo bleibt da die Wirtschaftlichkeit und vor allem auch die ökologische Sinnhaftigkeit ??? Ein Brief von Großarl nach Großarl wird vorher zum Sortieren ins 80 km entfernte Verteilerzentrum nach Salzburg gefahren, um danach wieder die Rückreise ins Großarltal anzutreten und zugestellt zu werden. Früher hätten wir über solche Schildbürgerstreiche gelacht. Heute ist dies traurige Realität. Das haben sich wohl lauter blitzgescheite Leut´ ausgedacht, die im fernen Wien hocken und keine Ahnung davon haben, wie es in der Praxis draußen in den Landgemeinden läuft. Wenn´s nicht so traurig wäre, müssten wir über solchen Irrsinn glatt laut lachen. Oder doch besser weinen?
Bleibt zu hoffen, dass der neue Postpartner „Metzger“ ca. 3 km außerhalb des Ortes und am Ende des Tales (Talwirt) ein weitestgehender Ersatz für all jene ist, die tagtäglich auf die Dienstleistungen der Post angewiesen sind. Wir werden wohl nur noch das Allernötigste über die Post abwickeln und uns für die großen Aufgaben einen neuen, kundenorientierten Partner mit mehr Verständnis für Kundennähe suchen.