Kletternachwuchs trifft auf ein Urgestein
Ein Gastkommentar von Urban Gruber – Jugendführer des Alpenverein Großarl
Ob ich nicht über unseren Alpenverein-Klettertag ein paar Zeilen für den Großarltal-Blog mitschreiben könnte, hat mich letzte Woche der Sepp gefragt. Warum er nicht selbst an unserer Schnupperveranstaltung teilgenommen hat, dafür gibt es für mich nun zwei Vermutungen:
- Entweder plagt ihn seit der Klettersteigbegehung im letzten Sommer am Saukarkopf (für diesen Artikel hier klicken) die Höhenangst und er bekommt panische Angst, wenn er sich in einer Wand bewegen muss, die höher ist als sein Schreibtisch.
- Die zweite Vermutung ist, dass ein Liftler, der so viel auf Sicherheit setzt, sich wahrscheinlich am Berg nicht wohl fühlt, wenn in nächster Nähe keine „husige“ Rettungsgondel bereit steht.
Nun zu unserem Klettertag am Schuhflicker, der laut einer Sage so heißt, da auf diesem Berg zwei faule Dorfschuster versteinert wurden. Anja, David, Hannes und ich haben heuer im Frühjahr zwei Tourenführerkurse besucht. So beschlossen wir einen Schnupperklettertag am Arlspitz (das ist der vordere Schuhflicker, den man vom Ort aus sehen kann) zu organisieren.
Doch nicht nur unsere Ausbildung war ein Grund dafür, sondern auch die super Sanierung der Kletterrouten auf diesem Berg, die dank Rudolf Kühberger und Sepp Kendler vom Österreichischen Alpenverein verwirklicht wurden. Nun gibt es dort nämlich eine Vielzahl an Kletterrouten vom 3. bis zum 9. Schwierigkeitsgrad.
Als eine bunt gemischte Gruppe, also Kinder und Erwachsene, sportliche und nicht so sportliche (Nordic Walker), marschierten wir von der Aualm auf das Gesteinsmassiv des Schuhflicker. Gleichzeitig war das ein gutes Aufwärmtraining. Das Wetter war sehr sicher, so konnten wir ruhig und gemütlich mit dem Klettern beginnen. Die Routen an den Topropestationen (das ist wenn das Seil oben schon fix eingehängt ist) wurden von den begeisterten „Jungkletterern“ gleich in Angriff genommen. Natürlich ist es beim Klettern auch wichtig, dass man fest angefeuert wird, denn am Anfang muss bei fast jeden Zug eine Hemmschwelle überwunden werden. Aber mit Motivationsgeschrei und gegenseitigen Tipps hat die Truppe eh nicht gespart.
Wie bei vielen Sportarten ist aller Anfang schwer. Beim Klettern ist es am Anfang sehr wichtig, dass man lernt seine Kraft richtig einzusetzen. So kraxlt einer, der in der Kraftkammer überdurchschnittlich viel Klimmzüge schafft, nicht viel besser als jemand dessen (Bier-)Bauch einen überdurchschnittlichen Umfang fasst.
Sehr viel Überwindung kostete, vor allem den Kindern, das Abseilen. Irgendwie auch verständlich, denn das Kind steht da auf einem Duttn (Felsspitze), vorne geht eine steile Wand runter, die Freunde schauen zu und jemand wie ich fordert einfach, dass sie sich in das Gurtzeug schmeißen und den senkrechten Weg nach unten überwinden. Naja, so schlimm war es hoffentlich für die Jugend auch nicht. Wir haben uns auf jeden Fall bemüht ihnen durch gutes Zureden usw. die Angst zu nehmen, damit alle einen erlebnisreichen Tag haben.
Am Nachmittag seilte sich plötzlich der Hinterfeld Paul mit einem Freund nach dem sie über den Ostgrad aufgestiegen sind, über die Südwand zu uns herab. Der Paul ist mit seinen 63 Jahren das Bergsteiger Urgestein im Großarltal. Er war es der 1972 die ersten Routen am Schuhflicker mit Schlaghaken eröffnete. Heute hat der Paul die Eigernordwand und viele weitere interessante Unternehmungen in seinem Tourenbuch stehen.
Er hat mich gleich aufgefordert, ich soll mit ihm eine Route durchsteigen. Lange habe ich nicht überlegt und schon sind wir in die Wand eingestiegen. Irgendwie eine interessante Seilschaft, am einen Seilende ein junger Hupfer und am anderen Seilende ein erfahrenes Urgestein. Doch beide waren wir begeistert. Er von meinem jungen Kletterstil und ich von seinen alten Methoden. Also Paul, Respekt mit dem Alter möchte ich auch noch so fit sein!
Als sich der Tag zu Ende neigte, kehrten wir natürlich zu einer richtigen Brettljausen und ein paar Weißbier oder Kracherl in die Aualm ein. Was wir auch gleich bemerkt haben, dass heuer wieder zwei neue fesche Sennerinnen den Laden schmeißen. Alles weitere steht auf einem anderen Blatt Papier.
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