Wie wird der nächste Winter?
Letzte Woche Hochsommer und heute Schnee bis zum Talboden. Verdammt, wir haben zwar Schnee bestellt aber noch nicht jetzt. Hier hat sich jemand um einen Monat vertan, diese Ware geht noch einmal retour!
Aber diese Liefermisere regt zumindest an, über den kommenden Winter nachzudenken. Kommt der (richtige) Schnee früh oder kommt er spät? Ist der nächste Winter tief oder nicht? Es ist Zeit das Thema aus lokaler naturkundlicher, ja fast naturwissenschaftlicher, Sicht anzugehen. Nicht zu verschweigen, dass nachstehende Ausführungen auch ein Quentchen Volksglauben enthalten. Das macht aber rein gar nichts, weil die Frage wie der Winter wird, anhand von Naturzeichen zum jetzigen Zeitpunkt genauso treffunsicher beantwortbar ist wie etwa durch die Meteorologie selbst.
Eine Reihe von Menschen in unserem Großarltal, insbesondere aus dem bäuerlichen Umfeld, beschäftigen sich schon lang, Jahrzehnte lang, mit den Gebärden der Natur. Ich bin noch nicht reif genug, diese alle zu kennen, darum habe ich mir kompetente Hilfe geholt. Hans, meinen Nachbarbauern etwa, der sich mit der Natur schon lebenslänglich beschäftigt. Oder Rupert, in 1.300 m Seehöhe einer der höchsten Bergbauern im Großarltal, der alle Winter bis in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück detailgenau im Kopf hat. Und zugegeben, das eine oder andere habe ich selbst noch abgerundet.
Also, wie wird er nun, der kommende Winter? Als eines der sichersten Winterzeichen gilt der „Reif“ (Rauhreif), der das Land an sehr kühlen Morgen mit einer weißen Schicht überzieht. Und wenn es diesen Reif nicht innerhalb von 3 Tagen herauswittert, dann kommt in 100 Tagen der Schnee. Der erste Reif war heuer am 30. August. Zwar nur auf den Bergen, aber weil wir den Schnee so notwendig brauchen lassen wir auch das uneingeschränkt gelten. Wenn wir den ersten Reif nun hochrechnen kommen wir auf den 8. Dezember 2009. Das ist schon einmal etwas!
Die Königskerze (mundartlich: „Himmelbrandstingel“) als weiterer Winterindikator zeigt durch ihr Wachstum an, wie hoch im nächsten Winter der Schnee sein wird. Zudem: wenn sie noch spät im jahreszeitlichen Verlauf blüht kommt ein tiefer Winter. Ich habe in diesen Tagen im Tal noch blühende Königskerzen gefunden und alle waren über einen Meter zehn. Ich erspar mir jetzt die Klärung der Frage wie die 1,10 m zu werten sind. Ist das etwa die Summe aller zusammengerechneten Schneefälle (das würde dann nicht gerade vom Hocker reißen), oder ist das die höchste Schneehöhe (am Talboden wär das dann schon beachtlich)? Auch aus diesem Zeichen lässt sich zumindest richtig Negatives nicht herauslesen. 2 : 0 – die Zuversicht hat Oberhand.
Ganz wichtig sind bei uns die Lostage. Zu diesem Blog-Thema passt Ägydius – 1. September – weil dieser Lostag den Herbstverlauf prophezeit. „Ägydi schen, lässt der Bauer den Knecht gehn“. Ein schöner Ägyditag sagt einen langen Herbst und damit einen späten Winterbeginn voraus. Darum ging auch der Knecht, weil viel Zeit für die Herbstarbeit war und das von weniger landwirtschaftlichem Personal bewerkstelligt werden konnte. Der Ägyditag war heuer ausgesprochen schön, und meine Berater halten diesen Tag übereinstimmend für einen sehr wichtigen Lostag. Das ist für mich als Seilbahner weniger gut, es schneit demnach spät.
Dann haben wir einen weiteren Winterinformanten, den Dachs, aufzubieten. Für alle die dieses Tier nicht so kennen. Er ist unser größtes heimisches Raubtier und eine optische Kreuzung so ungefähr aus Igel und Zebra. Nachdem der Dachs in seinem Erdbau Winterruhe hält, sammelt er sich im Herbst eine dicke Speckschicht an. Je mehr er sich mit seiner Fettschicht Zeit lässt und je länger er im Herbst unterwegs ist umso später trifft angeblich der Winter ein. Leider ist es mir nicht gelungen, über das aktuelle Übergewicht der Dachspopulation gesicherte Auskunft zu erhalten! Vielleicht schade!
Und noch etwas aus dem Tierreich. Wespen, das sind ja so lästige Viecher, dass wir uns normalerweise damit nicht beschäftigen wollen. Eigentlich sollten wir das auch zu dieser Thematik gar nicht, denn „früh Wespen, früh Schnee und spät Wespen, spät Schnee“. Heuer kamen die Wespen sehr spät, dafür dann haufenweise. Vergessen wir das mit den Wespen, nicht einmal zur Wintervorhersage können wir uns darüber erfreuen.
Hirschbrunft hatten wir erst unlängst einmal. Dieses Naturschauspiel ist auch hier noch einmal einen Abstecher wert, denn „späte Hirschbrunft, später Schneefall“. Das war heuer zweifelsfrei zutreffend, daraus schlussfolgernd können wir uns zumindest für den Spätwinter 2010 noch einmal auf viel Schneenachschub einstellen.
In der Wintervorhersage eine Rolle spielen auch die Nadeln des Lärchenbaumes. Allerdings nicht ganz ungeteilt, hier waren auch meine volkskundlichen Experten unterschiedlicher Meinung. Üblicherweise heißt es im Volksmund, dass alle Lärchennadeln unter dem Schnee sein müssen, sonst wird es wieder aper. Und die Lärchennadeln sind heuer noch nicht abgeworfen, eigentlich sind sie sogar noch ziemlich grün – schlimm. Schlechtes Zeichen für Wintertouristiker? Nicht unbedingt – Bergbauer Rupert hat in den letzten 10 Jahren sogar die Beobachtung gemacht, dass sich dieses Winterindiz zunehmend verkehrt. Also es schneit, trotz dem die Lärchen noch Nadeln tragen. Gott sei Dank – Glück gehabt!
Und das zuverlässigste Merkmal, dass der Winter schon längst hätte eintreffen müssen ist der Umstand, dass Hoteliers, Skilehrer und Seilbahner nur mehr mit dem Blick Richtung Himmel anzutreffen sind. Auch alle Kirchenbeitragsrückstände wurden noch schnell beglichen. Aber besser wir lassen dieses Zeichen beiseite, alle längerdienenden Touristiker leiden ohnehin an der ständigen Nachfragerei bezüglich dem aktuellen Stand der Genickstarre – es ist eh witzig, aber einfach schon zu oft gehört!
Ich bin ein Fan von Bergbauer Rupert was seine Wettervorhersagen betrifft. Vor allem gefällt sein Mut zur Weitblicksprognose – 1 Jahr geht locker. Und er hat mir so nach dem Motto „derfs a bissl mehr sein“ gleich den gesamten Winterverlauf mit einem schneereichen Winterbeginn (Dezember/Jänner) und ein schneereiches Saisonende (April) vorhergesagt. Februar und März wären aber niederschlagsarm (super, dann scheint ja die Sonne!). Soll ich das nun ernst nehmen oder hatte er im Wissen um meinen Brotjob gehandelt (Prinzip Hoffnung)?
Na ja, wie soll ich die ganzen Zeichen jetzt zusammenfassen? Schaut eh nit so schlecht aus – vieles deutet auf keinen frühen Wintereinbruch hin, mit früh wäre der November gemeint. Sondern Anfang Dezember und das genügt doch noch, oder liebe Gäste und liebe Touristikerkollegen? Die Reifregel, als das gewichtigste Winteranzeichen, würde diese These auch sehr stützen.
Aber wir werden unsere 227 Schneerzeuger, rein sicherheitshalber, vielleicht doch bald einschalten und einmal pulvern was das Zeug hält.
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